25.7.05

Was für ein Zufall (wieder mal), oder: Als Film würde Dir das keiner abnehmen, Dicker!

Quasi als Zugabe zu diesem meinem Lament hier wollte ich ja noch vom Fußball vorgestern erzählen. Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen, und gerade das ist ja das Erzählenswerte. Unser letztes Saisonspiel stand an (wir haben zum Glück letztes Wochenende endlich gewonnen, also blieb mir wenigstens die erste sieglose Saison seit ich denken kann erspart), und damit auch mein letztes "richtiges" Fußballspiel in Australien für absehbare Zeit. Denn dafür spiel ich schon zu lange, als daß harmlose Parkkicks, so nett sie auch sind, zählen würden.

Kleine Abschiede sind wichtig für mich; waren sie immer und werden sie immer sein. Ob nun die ritualistische Zigarre an Silvester, fünfminütiges, schweigendes Starren auf eine Flughafenrollbahn oder eben das letzte Fussispiel - ich versuche irgendwie immer, "letzte" Dinge mit einer wenn nötig auch künstlich herbeialchemisierten Profundität zu belegen. Frag' mich wieso, oder besser gleich Freud. Wenn er denn noch antworten könnte. Freitag abend kursierten, wie immer, noch SMS wie Falschgeld: "kickoff 2morrow 1.15!", "c u @ earlwood oval 12.30!" und so.

Samstag morgen schön ausgeschlafen und, entgegen meiner sonstigen Angewohnheit, das mobile ausgelassen. Angezogen, Tasche gepackt, irgendeine Kassette aus dem Regal gegriffen und ab zum Spiel. Auf dem Weg überkam mich dann auch leichte Melancholie, allerdings gepaart mit Dankbarkeit, daß diese furchtbare Saison endlich zu Ende gehen würde, und wenn ich ehrlich bin, auch etwas Erleichterung, daß ein weiterer Abschnitt meines Daseins in Sydney kurz davor war, das Zeitliche zu segnen - immer dieses ewige emotionale zwischen-den-Stühlen-sitzen ("Aber DAS ist doch nett an Sydney...") ging mir schon ziemlich auf den Senkel in den letzten Monaten. Für mich wird's halt Zeit für eine neue Zäsur.

Trotzdem wollte ich das letzte Spiel so zelebrieren, wie es meine Art zu sein scheint. Es war wichtig. Ich hatte mir schon ausgemalt, wie ich zählen würde: letzter Paß mit Links in Australien, letzter verunglückter Kopfball in Australien, letzter Schußversuch in Australien... Ich kam an und ja, die U16 spielte wie immer vor uns, aber wo waren denn eigentlich meine Mannschaftskollegen? Und wo war der Gegner? War ich am falschen Platz? Spielten wir doch etwa auswärts? Und dann, endlich, machte ich das mobile an und erhielt Leos Nachricht, die er Samstag morgen um 10 schon schickte: "game cancelled.we only have 6 players.everyone else can't make it.sorry."

Die U16 hörte auf, der Platz leerte sich, Eltern fuhren ihre Kinder nach Hause und die Sonne schien als kriegte sie's bezahlt. Ich holte mir noch schnell eine Dose Cola und ein sausage sandwich von unserem Kiosk bevor dichtgemacht wurde (den mitleidigen Fragen unseres Clubpräsidenten, ob mir denn niemand Bescheid gesagt hätte, geschickt ausweichend) und setzte mich jenseits der der Tribüne gegenüberliegenden Auslinie auf den Rasen, mit dem Rücken gegen den hüfthohen Maschendrahtzaun. Und so endete meine australische Fußballkarriere: not with a bang but a whimper. Und als ich einige meditative Zigaretten rauchte, wurde mir auf einmal bewußt daß, wenn dies ein Film gewesen wäre, spätestens an dieser Stelle das Publikum schmerzvoll aufgestöhnt hätte ob soviel schmierlappiger Holzhammersymbolik und bemühter Bildsprache: am Ende sitzt der Protagonist alleine auf einem vorörtlichen Sportplatz, neben einer vollen Sporttasche und einer leeren Dose Cola, weil das Spiel ohne sein Wissen abgesagt wurde und niemand mehr da war, mit dem er hätte spielen können.

Da bin ich dann erstmal in die Kneipe gegangen. In Fußballklamotten, denn jetzt war's eh egal.