26.6.05

Zeichen, Omen, Sensationen

Ohne jetzt zu sehr in die metaphorische Nähe von Bioläden, Kristalltherapie, Ufoentführungen und anderem Hippykram abgleiten zu wollen: das ist mir schon so zwei bis dreimal passiert im Leben, daß plötzlich, wie auf Befehl, das Universum einem Zeichen sendet. Als ob das Schicksal einen wissen lassen möchte, daß, wenn überhaupt einer hier das Sagen hat, es immer noch das Schicksal selber ist. Will sagen: gerade im letzten knappen halben Jahr, in dem ich mich mit der Entscheidung "nach HH gehen oder nicht" so schwer getan habe, passierten diverse Dinge. Alle völlig unabhängig von mir, von mir nicht im Geringsten beeinflußbar oder steuerbar, und irgendwie paßt das alles zusammen. Wie gesagt: als ob das Schicksal einem in den Arsch treten will und die Sache jetzt aber auch ein für alle Mal sogar dem Begriffstutzigsten (also mir) klarlegen will. Wie Nick Hornby in Fever Pitch schon fragte: "How can you not see omens everywhere?"

Wovon redet der eigentlich?? Das fragt Ihr jetzt, nicht ich, ich weiß es ja. Also: wenn relativ größere Veränderungen anstehen in meinem Leben, verändern sich plötzlich auch andere Sachen "außerhalb" von mir, eben wie bestellt. Dadurch, daß ich auf diese externen Dinge halt überhaupt keinen Einfluß habe, kann ich ausschließen, daß ich sozusagen unbewußt Sachen sabotiere, um mir somit die Schranken des bevorstehenden Lebensübergangs zu öffnen. Gut, das kann natürlich auch alles Zufall sein - als ich 1999 nach Australien ging z.B., passierte eigentlich nix außergewöhnliches vorher, also ist das vielleicht bloße Einbildung. Andererseits...

Eine der schönen Seiten Sydneys ist die Radiolandschaft (wer selbige in HH kennt, weiß wie furchtbar Radio sein kann). Ich hör Radio morgens auf dem Weg zur Arbeit und meistens fängt der Tag da schon gut an. Tja. darüber, daß meine Lieblingsradioshow letzten November das Zeitliche segnete, hab' ich ja schon geschrieben. Egal, und nicht weiter schlimm, hab' ich eben meine Zweitlieblingssendung mit Angela Catterns auf einer anderen Station gehört. Vor 2 Wochen dann meldete auch Angela Catterns urplötzlich, daß sie aufhören wird - und das nach gerade mal 4 Jahren. Hmmm.... Und auf einmal ist der Standortvorteil Sydneys gegenüber HH wieder um ein kleines aber bedeutungsschwangeres Element geschrumpft - zumindest morgens ist die Auswahl jetzt so schlecht wie in HH, und dann könnte ich auf dem Weg zur Arbeit auch gleich Delta oder ähnlichen Dreck weghören.

Überhaupt: Sydney scheint gewillt zu sein, mir den Abschied so einfach wie möglich zu machen. Das Belvoir Street Theatre (welches es locker mit jedem Theater in Europa aufnehmen könnte), wo d.l.P. und ich season tickets haben, und wo wir u.a. wegen der eben sehr europäischen Athmosphäre einer umgebauten Fabrikhalle in Surry Hills so gerne sind, wird ab Juli umgebaut. Den Rest der Saison gucken wir im temporären Exil des Seymour Centres, und nach dem Umbau (wir haben die Pläne gesehen...) wird das Belvoir genauso gesichtslos aussehen wie alle anderen Popcorn-und-Zuckerwatte-"Theater" dieser Stadt. Und so weiter und so fort...

Aber Fußball (war das jemandem jetzt nicht klar, daß dieser post mit einem Fußballvergleich endet?) ist eigentlich das Lustigste. Ich hab' mich in Sydney eigentlich immer am wohlsten beim Fußballspielen gefühlt, und alle meine Freunde hier haben irgendwie mit Fußball zu tun. Das hat sowohl Kultur- als auch (Vorsicht) Klassengründe, aber das erzähl ich 'n anderes Mal. Jedenfalls hatte ich jeden Samstagnachmittag letzte Saison große Bedenken, ob das mit HH eigentlich eine gute Idee ist, denn jeden Samstagnachmittag war ich umgeben von allem, was Sydney für mich lebenswert macht - freundschaftliches Multikulti in der Sonne, sozusagen. Eine der Sachen, die mich in Sydney hätte halten können, bildlich gesprochen jetzt, wäre also Fußball gewesen.

Gestern haben wir 3:7 verloren. Wir haben diese Saison ein Unentschieden geholt und alle anderen Spiele verloren. Wir haben noch 2 Spiele nach. Ich habe NOCH NIE eine sieglose Saison gespielt, in 27 Jahren nicht. Ich hab' seit ungefähr 14 Jahren keine Saison gespielt, in der ich nicht getroffen habe. Und das Bizarre ist eben, daß auch diese Saison wie von außen gesteuert scheint. Teamkollegen wurden während der Saison von der Arbeit nach Hongkong versetzt, verletzten sich schwer beim Aufwärmen (!) oder bekamen das Nasenbein vom eigenen Mannschaftskollegen während eines unglücklichen Zusammenpralls gebrochen (!!), beide unsere Torhüter rissen sich im Abstand von einer Woche das Kreuzband (!!!) so daß wir die letzten 4 Spiele mit einem Feldspieler im Tor spielen mußten.... Von den ganzen Spielen, die wir mit 2-3, 0-1, 1-2 und so verloren, teilweise durch unglaubliche Sonntagsschüsse (die bei uns natürlich nur an die Latte gehen oder so) oder Schiedsrichterfehlentscheidungen mal ganz zu schweigen. Ehrlich: soviel Pech hatte ich mit einer Mannschaft noch nie. Inzwischen fangen wir Spiele mit 9 Spielern an, obwohl wir die Saison mit 17 gestartet sind, und die Athmosphäre ist natürlich eher schlecht. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich es nicht abwarten, bis die Saison endlich vorbei ist. Und so scheint auch die letzte Bastion meines australischen Soziallebens mir verstehen geben zu wollen, daß jedenfalls für's erste hier für mich nix mehr zu holen ist ;-)

Um wiederum Nick Hornby aus Fever Pitch zu zitieren (und die Parallelen zu meiner Situation sollten ersichtlich sein):

I was as usual looking to Arsenal to show me that things did not stay bad for ever, that it was possible to change patterns, that losing streaks did not last. Arsenal, however, had other ideas: they seemed to want to show me that troughs can indeed be permanent, that some people, like some clubs, just couldn't ever find ways out of the rooms they had locked themselves into. It seemed to me that we had both of us made too many wrong choices, and had let things slide for far too long, for anything ever to come right...