25.10.05

Was einem blühen wird

"Gut", sinnierte Freund H. letzten Samstagabend im Carlisle, "an Australien ist ja nun auch nicht alles schlecht. Zum Beispiel das Wetter - kannst Du Dich noch an diese fiesen Winter in Deutschland erinnern? 5 Stunden Tageslicht? Im Dunkeln zur Arbeit und im Dunkeln nach Hause?" "Klar", sagte ich, "und den ganzen Tag nur Halogenlicht. Der Geruch von schneeschweren Mänteln in der U-Bahn und überall schwarzer Schneematsch. Und draußen nur Kännchen." Wir schauten uns an. "Und da wollen wir wirklich wieder hin?" fragte H. und nahm schaudernd noch einen tiefen Schluck Cooper's Pale Ale. H. ist auch bereits etliche Jährchen hier und auch ihn und seine australische Frau S. zieht es hier weg. "Tscha, vielleicht sind wir auch ganz einfach nur beknackt. Oder Masochisten. Oder beides", murmelte ich und kniff die Augen im aufsteigenden Rauch meiner Zigarette schmerzvoll zusammen, "andererseits, so'n schöner Winter mit Schnee? Hat doch auch was! Hab' schon seit Jahren keinen Schnee mehr angefaßt." "Ach, ich weiß nich'. Ich hol' noch was Bier." H. marschierte zum Tresen, holte Nachschub, setzte sich neben mich an das wackelige Bartischchen, runzelte die Stirn und meinte: "Ich glaube, Winter wird überbewertet."