7.6.05

Mal gemütlich ein schönes Bierchen trinken gehen

Letzten Donnerstag mit Freundin M. in der Kneipe um die Ecke getroffen, zwecks catch-up sowie allgemeinem Besprechen und Wälzen gewichtiger Problematiken. Will sagen: einen trinken gehen. Und da fielen mir dann die Bierdeckel auf. Von vorne erstmal nichts Außergewöhnliches:


geschmacklos, aber funktionell eben.

Auch als ich den Deckel umdrehte, sprangen zuerst lediglich die wohl zum Hinkritzeln von Telefonnummern betrunkener Menschen gedachten Linien ins Auge. Beim längeren Hingucken sah die Sache jedoch schon anders aus, genauer betrachtet:


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Tja. Auch das mußte ich schmerzhaft im Laufe der Jahre feststellen, teilweise im wahrsten Sinne des Wortes: die Leute hier können mit Alkohol irgendwie nicht umgehen. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll bei dieser auf einen Bierdeckel gedruckten Kapitulation gegenüber dem australischen Freizeitverhalten. Die Tatsache, daß es offensichtlich notwendig ist, das Traktat da überhaupt abzudrucken. Die Tatsache, daß man für "bad language" der Kneipe verwiesen werden kann und sogar Strafgeld riskiert (yepp, so schöne aus dem Altenglischen kommenden Worte wie "fuck" oder "cunt" können dich hier 500 Ocken kosten...). Der Widersinn, in einer Kneipe die Gäste davor zu warnen, ja nicht betrunken ("intoxicated") zu werden - ja, wofür sind wir denn sonst hier, zum Choralsingen? Eher nicht. Außer die allgegenwärtigen englischen Rucksacktouristen drücken wieder mal zum hunderttausendsten Mal alle OASIS Songs in der Musikkiste hintereinander.

Wobei ja offensichtlich sowieso schon mit allem gerechnet werden muß: gewalttätiges, ruhestörendes Drogendealen allerorten. Und wenn das noch nicht reicht, der kleine Zusatz unten auf dem Deckel: "Sind sie spielsüchtig? Dann rufen sie diese Nummer an...". So nach dem Motto: Irgendein Problem, dies lesendeR AustralierIn, wirst du schon haben, alkoholsüchtig, drogensüchtig, (latent) gewalttätig, spielsüchtig....

So sehen die Behörden, die Polizei und die Kneipe selber den Durchschnittskneipenbesucher, zumindest in meiner Nachbarschaft. Und aus eigener Anschauung muß man hinzufügen: ganz daneben ist das nicht. Und warum in Sydney ganz augenscheinlich eine einfache Ansage der Bedienung ("Ey, wenn du zu besoffen wirst, fliegst du raus!") nicht reicht, sondern das alles höchst offiziell unter einem bescheuerten Slogan ("Think before you drink") auf einen Bierdeckel gedruckt werden muß - darüber könnt Ihr Euch jetzt Gedanken machen.