17.5.05

"MOSH IT UP!!!" ANTHRAX live in Originalbesetzung, 14/05/2005, UNSW ROUNDHOUSE

Manche Konzerte sind so gut daß sie einen fast sprachlos machen. Irgendwie gibt es nach einigen Shows absolute nichts mehr zu sagen, da die Band schon alles gesagt hat und mit der letzten gespielten Note einen dermaßen fetten PUNKT gesetzt hat, daß man gar keine große Lust hat, das jetzt noch großartig analysieren zu müssen. Nehmen wir hinzu, daß ich mir auf dem Fußmarsch nach Hause eine fette Grippe eingefangen habe, und demzufolge mein Schädelinhalt momentan gelber Götterspeise gleicht, und Ihr werdet verstehen, daß dieser Bericht etwas kürzer ausfällt, als der Gig es verdient hat.

Großartig. Das beste Konzert seit mindestens 2 Jahren, und eine Zeitreise ins Jahr 1989 dazu (als ich ANTHRAX 17jährig und hellauf begeistert im Dock’s sah). ANTHRAX – genau das war’s, was ich damals und mit Abstrichen auch heute von harter Musik (vulgo: Metal) verlange. Hart aber gerecht, schnell, laut und brachial, aber eben auch diesseitig, sowohl in den Texten als auch im Habitus. Anthrax waren und sind genau deswegen Klasse, weil sie musikalisch irgendwo zwischen Thrash, Speed Metal und Punk liegen und in den Texten keinen religiösen Düsterquatsch verbraten wie so viele Metalbands. Dazu kommen die angenehm alltäglichen Klamotten (keine Nietenarmbänder bis zum Ellenbogen, kein Gesichtsmakeup oder anderer katholischer Schmonzes) und die sympathische Art (nie werde ich mein Bierchen mit Scott Ian im alten Sparr am Hamburger Berg vergessen).

Überhaupt: was immer so nett an ANTHRAX war, war das ständige Grenzübertreten und das permanente Provozieren der eigenen Klientel. Denn genau das, was mich zum Metal hinzog damals in den 80ern, stieß mich ja auch ab, bzw. sauer auf: dieses Machogehabe, gepaart mit Intoleranz und, zumindest in Deutschland, einer ordentlichen Portion Rassismus im durchschnittlichen Metalpublikum. Da kamen die Jungs aus Queens gerade richtig: 5 selbstbewußte Schlawiner jüdischer, italienischer und, wie man damals noch sagte, “indianischer” Abstammung, mit Run DMC-Klamotten und Public Enemy T-Shirts, ganz bewußt ihre eigenen Namen verwendend und sie nicht, wie damals fast alle amerikanischen Metalmusiker, einzuenglischen: Scott Ian Rosenfeld, Dan Spitz, Charlie Benante, Frank Bello und Joey Belladonna. Alleine das Stück “Bring the Noise” mit Public Enemy war es wert, diese Band zu lieben, von den ganzen Thrash Metal Knallern wie “Caught in a Mosh”, “Gung Ho” oder “Indians” mal abgesehen. Und obwohl die Band durch die 90er bestand und auch ein-zwei gute Alben ablieferte – nach einigen Besetzungswechseln, denen bis einschließlich letztes Jahr Belladonna, Spitz und Bello zum Opfer fielen, war’s irgendwie nicht mehr dasselbe. Nun aber die Reunion Tour in Originalbesetzung, und der Herr sah, daß es gut war.

Aalso: großer Abend. Die Vorband Mortal Sin aus Sydney gibt’s auch schon seit den 80ern, und die spielten dann auch so Malen-nach-Zahlen Metal. Mußte für mich nicht sein, aber man hat schon Schlechteres gehört. Schließlich ging das Licht aus, das altbekannte Intro aus “Blues Brothers”ertönte (welche Metalband kommt zu “Blues Brothers” auf die Bühne ??), die von KISS geklaute Ansage des Gitarrenroadies steigerte den Jubelsturm ins Unermeßliche – “You wanted the best and you got it! The heaviest fucking band in the world! ANTHRAX!! – und dann ging es mit “Among the living” ganz fürchterlich los.

Geil geil geil. Kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal bei einem Metal- oder Punkgig so viel Spaß hatte – den blauen Flecken nach zu urteilen, die ich am nächsten Morgen gleichmäß verteilt auf meinem Körper fand, war der Mosh wohl auch ganz nett. Man merkt das ja immer nicht so am Abend selber, da ist der Körper noch zu sehr mit Adrenalinausschütten beschäftigt. Nur Hits, und Joey neben Scott wieder auf der Bühne stehen zu sehen, war das Eintrittsgeld alleine wert:


Mosh It Up!


Mein persönlicher Höhepunkt, wie früher schon: "Indians", mit Joey im Chicago Blackhawks Shirt und mit einem aus dem Publikum zugeworfenen Kopfschmuck:


Indians


Alles in allem: als Musikliebhaber lebt man für solche Abende! Ich schwitzte hinterher aus Poren von denen ich nicht wußte, daß ich sie besaß und mit breiten Grinsem bedankten ich und ca. 1000 andere Thrasher uns bei den Heroen unserer Kinder-bzw. Jetztzeit:


Ein großer Abend findet sein verdientes Ende

Einen schönen Bericht findet Ihr auch hier bei Pyromusic.net, wo ich auch die Fotos geklaut hab'. Noch mehr Bilder gibt's hier bei triple j.

(Pix via Pyro. Thanks mate!)