22.7.04

Der Zahn der Zeit nagt an Frank Z. und mir

Dass Frank heutzutage tatsächlich noch schlechter aussieht als damals, hätt' ich auch nicht für möglich gehalten. Für Nichteingeweihte: Frank Z. ist der Frontmann der legendären Hamburger Punkband Abwärts. Wer nie "Computerstaat", oder überhaupt die ganze legendäre Amokkoma LP, oder spätere Perlen wie die "Alkohol" Single oder die Comic Krieg Scheibe gehört hat, sollte das vielleicht mal nachholen...

Früher, an langweiligen Sonntagnachmittagen, wenn mir die Decke auf den Kopf fiel (und sie konnte nicht weit fallen - ca. 2,10 m. hatte ich bis zum Himmel über Barmbek in meiner Dachklitsche damals), sah ich Frank manchmal bei VFL93 im Stadtpark Fussi gucken. Leicht verhärmt stand er auf den meist schlammigen Stehtraversen und blinzelte Richtung Spielfeld, als wäre er anscheinend gerade aus seinem Winterhuder Bett gefallen. Franks Gesicht als "verlebt" zu bezeichnen, wäre schon damals sowohl nicht böse gemeint als auch geschmeichelt gewesen; "drin gelebt" wäre der Sache schon näher gekommen: als hätte sich's eine WG drogenfreudiger Alkoholiker auf seiner Zwölf bequem eingerichtet.

Heut' guck ich mal so 'rum im Net und finde heraus, daß Frank dieser Tage nicht gerade besser aussieht als anno '98 (wie auf diesem Photo mit Rodrigo Gonzales unschwer zu bemerken). Aber der Zahn der Zeit nagt nicht nur an Frank Z., sondern eben auch an mir. Kaum hatte ich freudig zur Kenntnis genommen, daß Abwärts eine neue Platte rausbringen (die erste seit 9 Jahren!), nein, gleich die Tourdaten angeschaut (erste Tour seit, naja sagnwamal, 8 Jahren). Obwohl, der Anfahrtsweg ist schon etwas beschwerlich für mich, aber wenn ich morgen losfahr' mit unserer Schleuder, schaff' ich das bestimmt, am 31.10 in der Weltbühne zu sein. Und in Afghanistan sollen die Straßen inzwischen ganz manierlich sein.

Es sind Momente wie dieser, die einen etwas ältlich fühlen lassen. Wenn ich jetzt schon Kinder hätte, würden die auf meine Begeisterung ob der neuen Abwärts Scheibe sicherlich reagieren, wie unsereins damals auf den Enthusiasmus unserer Altvorderen, wenn die Rolling Stones 'ne neue Platte draußen hatten. Wohlgemerkt möchte ich Abwärts nicht mit den Stones vergleichen (wär' eine Beleidigung für die Hamburger), aber das Gefühl, zum ersten Mal in einem zumindest teilweise deutlich anderen musikalischen Universum zu funktionieren wie Leute, die 10 Jahre jünger sind als ich, ist wohl ähnlich.

Andererseits ist das ja auch der einzige Grund für mich, Kinder haben zu wollen: damit ich irgendwann in ferner Zukunft irgendwelche derben Kakophonien durch die Anlage jagen kann und meine Sprößlinge mich milde lächelnd und kopfschüttelnd anschauen und sagen: "Och menno Papa, nicht schon wieder die laschen Oldies von vorvorgestern. Morbid Angel, pfffffffffft."

Darauf freu' ich mich jetzt schon.