29.3.04

Handtuchaufhängen

Seit kurzem tummeln sich zwei deutschsprechende Chemiker im Pool. Deutschsprechend sag' ich deshalb, weil einer der beiden Säureschieber offensichtlich aus Deutschland stammt, der andere aber offensichtlich nicht, seinem harten aber schwer einzuordnenden Akzent zu urteilen nach. Das ganze sieht sehr nach Sprachnachhilfe unter Kollegen aus - der eine will sein vielleicht von den damals eingewanderten Eltern oder auf der Schule erlerntes Deutsch am Leben erhalten, und Kollege Michel hilft durch laut in der Gegend rumgermanisieren.

Nun denn - deutsch sein in Sydney ist nicht wie italienisch, griechisch, chinesisch oder sonstwas sein. Sogar die kambodschanische community ist zahlreicher als die deutsche, und selbst wenn man sich die deutschsprachige community heranzieht, also inklusive SchweizerInnen und ÖsterreicherInnen, rangiert man noch unter ferner liefen. Ein weiterer Grund, warum Sydney so sympathisch sein kann, aber das nur am Rande.

Was ich damit sagen will: wenn man Deutsch in der Öffenlichkeit spricht hier, ist einem bewußt, wahrscheinlich von keinem verstanden zu werden, und das kann dann zu einigen Nachlässigkeiten führen. Wie eben auch bei Kollege Petrischale und seinem Sprachsklaven. Nach dem Motto "versteht ja eh keiner" salbadern die beiden Frauenfreunde laut (natürlich) und auf Deutsch in der Umkleidekabine 'rum, daß einem selbst unter der heißen Dusche die Gänsehaut den verbrühten Rücken runterzieht. Da ist in einer Tour von "Ischen", "hotties" und "Weibern" die Rede, denen man es letztes Wochenende mal wieder richtig besorgt habe, bzw. es am nächsten Wochenende richtig besorgen werde bzw. will. Dabei die beiden natürlich häßlich wie Zentrifugen, ausdrucksstark wie Stephen Hawking und einen prickelnden Charme wie Seifenlauge versprühend. Mit anderen Worten: alles nur Geblubber unter der Dusche. Und ich halt' natürlich fein den Rand - unter der Männerdusche angesprochen zu werden mag ja ganz nett sein, aber dann doch nicht von zwei bleichgesichtigen Hungerhaken mit Mutterkomplexen.

So auch heute morgen wieder. Die Chemiker machten schon (wahrscheinlich nicht nur) verbales Lattenmessen unter der Dusche, als meine Wenigkeit völlig übermüdet den Duschraum betrat. Ich hing mein Handtuch auf, drehte meine Dusche auf, hielt den Kopf runter, immer noch voll im Tran (Montag morgen ist nie gut)... Und auf einmal fiel mir auf, daß die Kasper völlig verstummt waren. Nix mehr mit "EY!!! Ficken, Alter, nä?? Höhö!!" und anderen Perlen deutscher Kommunikationskultur. Ich guckte sie kurz an, und die drehten sich ungelogen in einer Art und Weise ab, die sofort folgende Worte herbeiassoziierte: peinlich berührt, sich schämend, Fettnäpfchen, erwischt... Sie beendeten schnell ihre Dusche und huschten aus dem Raum, der Umkleide entgegen, quasi die Schwänze zwischen den Beinen, bildlich jetzt.

War mir total unbegreiflich. Hat sie doch sonst nicht gestört, wenn noch jemand im Raum war! Und daß ich Deutsch versteh', wissen die auch nicht... dacht' ich noch so, während ich mich umdrehte und nach meinem Handtuch griff, welches ich morgens im Halbschlaf und Zufall aus der Schublade zog. Meinem breit aufgehängten, gut sichtbaren, wie eine Leuchtschrift auffälligen FC St. Pauli Hamburg Handtuch.

Ups.

Wie weiß schon der deutsche Volksmund: Wiedersehen macht Freude. Wird es mir zumindest ;-)