17.2.04

Melbourne

Vorletztes Wochenende also in Melbourne gewesen - große Stadt! Nicht nur in der Ausdehnung, sondern eben und vor allem die Athmo, Du. Endlich mal vernünftige Bars und normal gekleidete Menschen auf den Straßen und nicht ewig diese fleischgewordenen Kens und Barbies wie hier. Freund B., Australier und in Sydney aufgewachsen, die letzten Jahre in Berlin lebend und seit kurzem auf der anderen Seite der Bucht meines Vorortes zu Hause, beschrieb es letzten Freitag am Strand so: "Sydney is like California in Australia."

Darum erzählt einem ja auch jeder, wie europäisch Melbourne sei, und während meiner recht regelmäßig gewordenen Grummeleien über Sydney kommt dann auch nicht selten der Rat: "Dann geh' doch nach drüben, Quatsch, Melbourne!". Nun ist es zwar richtig, daß Melbourne verglichen mit Sydney europäischer ist, d.h. schlechteres Wetter, bessere Bars, mehr Kultur und Stil und eine fanatische, dem europäischen Fußball gleichzusetzende Australian Rules Szene besitzt. Nur wenn man aus Europa stammt, ist das eben nicht europäisch, sondern höchstens quasi-Europa, und im Fast-So-Gut muß man nicht unbedingt leben, finde ich. Wer mal in den Tropen und an der Riviera war, UND in Freiburg im Breisgau und Torquay, und dann die Tourismusbüros letzterer Städte rumprahlen hört von "tropisches Klima in Freiburg" oder "Torquay- the English Riviera", der weiß, wovon die Rede ist. Und wer PANTERA kennt auch - "you can't be something you're not". Wenn schon Exil, dann richtig, jawoll!

Aber so Hardcore ist eben doch meistens nur die Musik im Walkman, und so flirte ich schon mit der Idee, vielleicht irgendwann mal nach Melbourne überzusiedeln. Unter anderem natürlich auch, weil beim diesmaligen Trip eines ganz besonders auffiel, was mir vorher irgendwie nicht so aufgefallen war. Das mag vielleicht am kürzlich absolvierten HH Besuch liegen, oder an inzwischen schon 5 Jahren in Sydney, und wurde am Besten von der liebenden Partnerin folgendermaßen in Worte gefaßt: "Irgendwie ist Melbourne wie Hamburg ohne Dauerregen und die miesepetrigen Leute."

Und das stimmt auch - fast alles, was an Hamburg Klasse ist, gibt's in abgemilderter Form eben auch in Melbourne, und die Negativseiten der Hansestadt entweder gar nicht, oder eben auch nur in stark verwässerter Form. Bei den ganzen Ähnlichkeiten verwundert es dann auch nur mäßig, daß ein Melbourner Vorort tatsächlich "Altona" heißt.

So stiegen wir denn in einem Backpacker namens "The Nunnery" in Fitzroy ab, der früher, überraschenderweise, ein Nonnenkloster war, und waren ein Wochenende lang fabulös trendy, Schnuckel. Und ich hab' mich immer gewundert, wo die ganzen Thirty Somethings in Sydney rumhängen (in den Vororten, mit 2 Blagen und einer Hypothek am Hals, wahrscheinlich). Nun muß ich mich nicht mehr wundern, denn die sind alle in Melbourne (die, die nicht in Sydneys Vororten vorzeitig vergreisen); und was für eine Erleichterung, in Bars und Cafes endlich mal die ureigene Demographie anzutreffen.

So schlemmten und tranken wir uns mit C., der Schwester der liebenden Partnerin, und/oder meiner dort ansässigen Freundin B., durch diverse schicke Lokalitäten, und selbst der liebenden Partnerin war's genehm, denn durch angenehm laxe Gastronomiegesetze kann man in Melbourne etwas tun, was man in Sydney nicht kann (so unglaublich, wie sich das auch anhört - wenn ich Leuten erzähle, wie Sydneys Pubs aussehen, glaubt mir jedenfalls nie jemand): man kann in Cafes Alkohol bestellen, und in Pubs Kaffee! Revolutionär!! Jepp, das geht in Sydney nicht. Auch in diesem Sinne ist Sydney schon eher wie München. Nur eben ohne CSU, Nazis und endemischer Ausländerfeindlichkeit, dafür mit Strand und laissez faire.

Aber ich wollt' ja was ganz anderes sagen: nämlich, daß diese laxe Handhabung (und die damit einhergehenden superbilligen Lizenzen) es jedem ermöglicht, in Melbourne eine Bar aufzumachen, und dort zu verkaufen, was er/sie für richtig hält. Was bei der Abstinenzlerhaltung, bzw. dem Mittelschichtstrinkverhalten der liebenden Partnerin (man kann auch ohne Alkohol lustig sein), und meiner vererbten Proletenunlust, abends beim Ausgehen heiße Schokolade trinken zu müssen, der ideale Kompromiß ist...

Großes Wochenende gehabt jedenfalls. Wenn der Spielplan der AFL 'rauskommt, wird geplant. Auswärtsspiel der Sydney Swans gegen Collingwood im MCG vor (wenn's ausverkauft wird) 120.000 Leuten! Danach in schnieke Lokale und sozial sein, und am Sonntag schön stilvoll shoppen gehen. Mein Schlafplatz auf C.s oder B.s Sofa ist schon gebucht...